Kindergrundsicherung: Breites Bündnis kritisiert Untätigkeit von Bundesarbeitsminister Heil im Kampf gegen Kinderarmut

Mit einem Aufruf fordern 28 Organisationen Bundesarbeitsminister Hubertus Heil auf, den Weg für eine armutsfeste Kindergrundsicherung freizumachen. Angesichts des Stillstands bei der Ausarbeitung einer armutsfesten Kindergrundsicherung fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus Sozial-, Wohlfahrts-, Verbraucher- und Kinderschutzverbänden sowie Jugendorganisationen und Gewerkschaften Bundesarbeitsminister Hubertus Heil auf, die ...

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Den USA droht ein Zahlungsausfall: Vor einer »verantwortungslosen politischen Geiselnahme«?

US-Finanzministerin Janet Yellen hat den Abgeordneten im Kongress mitgeteilt, dass den USA bereits in vier Wochen das Geld auszugehen droht. Weil die USA ihre Schuldengrenze von 31,4 Bio. US-Dollar (etwa 28,6 Bio. Euro) erreicht haben, können sie sich dann nicht mehr mit weiteren Krediten verschulden. Schon ...

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Zum Tod von Harry Belafonte (1. März 1927–25. April 2023) - »Let’s break the chains of social injustice«

Der am 25. April im Alter von 96 Jahren verstorbene Sänger, Schauspieler und sozialistische Bürgerrechtler Harry Belafonte war eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des amerikanischen Kulturlebens wie auch der Musik und Schauspielkunst im 20. und beginnenden 21. Jahrhundert. Harry Belafonte wurde am 1. März 1927 in Harlem, ...

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Zur UN-Weltwasserkonferenz. Wasser als Thema der globalen Agenda

Die Wasserkonferenz vom 22.–24.3.2023 in New York war das erste große UN-Treffen seit 1977, bei dem ausschließlich das Thema Wasser behandelt wurde. Die Vereinten Nationen hatten angesichts einer weltweit drohenden Wasserkrise Alarm geschlagen. Der Wasserkreislauf sei durchbrochen, Ökosysteme zerstört und Grundwasser verseucht. Zwei Milliarden Menschen, jede ...

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Brief von Roger Waters an seine Fans in Deutschland: Ich bin nichts von alledem

Roger Waters, Mitbegründer der legendären Band „Pink Floyd“ und fortschrittlicher Aktivist in der Unterstützung des palästinensischen Kampfs für Freiheit und Demokratie, hat den folgenden Brief an seine Fans in Deutschland auf seine Homepage gesetzt. Die Redaktion bedankt sich bei einem Leser für die Übersetzung: Mittwoch,  08.03.2023,  ...

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Internationale Solidarität am 8. März »Frau, Leben, Freiheit«

»Zan, Zandegi, Azadi« ist der Ruf der iranischen Frauen, die gegen die Unterdrückung in ihrem Land kämpfen. »Jin, Jiyan, azadi« ist die kurdische Version, die in dem kurdischen Freiheitskampf entstanden ist. Sie beinhaltet das universelle Ziel: »Die Freiheit des Lebens durch eine Revolution der Frauen.«[1] Für ...

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Manifest für Frieden

Heute ist der 352. Kriegstag in der Ukraine. Über 200.000 Soldaten und 50.000 Zivilisten wurden bisher getötet. Frauen wurden vergewaltigt, Kinder verängstigt, ein ganzes Volk traumatisiert. Wenn die Kämpfe so weitergehen, ist die Ukraine bald ein entvölkertes, zerstörtes Land. Und auch viele Menschen in ganz ...

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Rettungsmannschaften in unermüdlichem Einsatz

Die Zahl der Erdbebenopfer steigt stündlich - Erdogan lässt Erdbebengebiet bombardieren Die reale Zahl der Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien ist noch nicht abzusehen. Es ist bisher überhaupt nicht abschätzbar, wie viel Menschen noch unter den Trümmern verschüttet sind, vor allem, wie viele noch ...

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Auf der Seite der Diplomatie

Brasilien lehnt Berliner Forderung nach Waffenlieferungen an die Ukraine ab und bemüht sich um Vermittlung im Ukraine-Krieg – gemeinsam mit anderen Staaten des Globalen Südens. BRASÍLIA/BERLIN (Eigener Bericht) – In offenem Widerspruch zu Deutschland und den anderen westlichen Mächten weist Brasilien jegliche Waffenlieferung an die Ukraine ...

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1920: Wie gehabt

kz

Zeitgeschichte In Bayern und in Preußen gab es schon einmal Abschiebecamps für Flüchtlinge. Sie richteten sich gegen Juden aus Osteuropa und wurden „Konzentrationslager“ genannt

Bayern will Abschiebelager für Flüchtlinge aus dem „Westbalkan“ errichten. Gemeint sind vor allem Roma, deren Herkunftsländer Serbien, Mazedonien, Bosnien oder Albanien als „sicher“ gelten. Die SPD hält den Vorschlag der CSU für bedenkenswert und könnte ihm folgen. Dies entspricht einer gewissen sozialdemokratischen Tradition. SPD-Politiker haben schon zu Zeiten der Weimarer Republik nach bayrischem Vorbild Abschiebelager für jüdische Flüchtlinge aus Osteuropa errichtet. Diese wurden offiziell „Konzentrationslager“ genannt und auf deutschem Staatsgebiet betrieben (in deutschen Kolonien auf afrikanischem Boden hatte es schon vor dem Ersten Weltkrieg „Konzentrationslager“ gegeben).

Im ausgehenden 19. Jahrhundert hatten Antisemiten die Angst vor einer mehr imaginierten als realen Masseneinwanderung osteuropäischer Juden zu schüren gewusst. Schon 1880 hatte der professorale Antisemit Heinrich von Treitschke (1834–1896) vor den Scharen „strebsamer, hosenverkaufender Jünglinge“ gewarnt, die Jahr für Jahr „über unsere Ostgrenze kommen“. Treitschke stieß bei der preußischen Regierung auf offene Ohren. So wurden allein 1885/86 etwa 15.000 jüdische und weitere 20.000 polnische Einwanderer aus Preußen ausgewiesen. Dieser erste, antisemitisch und antislawisch begründete Massenexodus führte bei den damaligen Sozialdemokraten noch zu einer empörten Reaktion. Wilhelm Liebknecht, einer der Parteigründer, sprach im Berliner Reichstag von einem „Akt der Barbarei“. Danach jedoch verlor sich die sozialdemokratische Solidarität mit den Geächteten zusehends. Die weiter betriebene Hetze gegen jüdische Einwanderer aus dem Osten wurde kaum noch wahrgenommen, geschweige denn kritisiert.

Als nach 1918 sozialdemokratische Politiker in Preußen und temporär auch im Reich an die Macht kamen, sah sich getäuscht, wer geglaubt und gehofft hatte, nun werde energisch gegen die Antisemiten in Staat und Gesellschaft vorgegangen. Stattdessen fühlte sich die SPD verpflichtet, das „Problem“ der jüdischen Migration zu lösen. So verfügte der preußische Innenminister Wolfgang Heine (SPD) am 1. November 1919, die weitere Einwanderung von sogenannten Ostjuden sei durch „Sperrung der Grenzen“ zu verhindern. Dies müsse „mit Rücksicht auf die Ernährungsschwierigkeiten und die Arbeitslosigkeit im Inneren“ geschehen. Solcherart nach Panikmache klingende Rechtfertigung wirkte geradezu grotesk. Die bösen „Ostjuden“, deren Gesamtzahl auf 160.000 geschätzt wurde, konnten beim besten Willen nicht 60 Millionen Deutschen die Arbeitsplätze und ihr tägliches Brot wegnehmen. Außerdem konnte keine Rede davon sein, dass sie den Sozialhaushalt des Reichs und der Länder belasteten. In der Regel wurden sie von jüdischen Wohlfahrtsorganisationen betreut, die sich häufig um Anstellungen für jüdische Einwanderer kümmerten.

Dies war im preußischen Innenministerium durchaus bekannt, sodass nachgeordnete Behörden Order erhielten, eingewanderte jüdische Bürger zu dulden, die einer „nutzbringenden Beschäftigung“ nachgingen. Wolfgang Heines Toleranz gegenüber einigen „Ostjuden“ stieß sofort bei Oberbürgermeistern deutscher Großstädte auf Gegenwehr, die unter anderem damit begründet wurde, dass „Ostjuden“ in einen „Schleichhandel mit Wohnungen“ verwickelt seien.

Heines Nachfolger Carl Severing (SPD) legte Wert darauf, den Sorgen und Nöten der Kommunen mit Verständnis zu begegnen. Am1. Juni 1920 ordnete er an, alle „lichtscheuen Elemente“ und all jene, die „in dem dringenden Verdacht einer strafbaren Handlung“ stünden, unverzüglich abzuschieben. Offensichtlich hoffte Severing, durch dieses rechtlich äußerst fragwürdige Vorgehen den Antisemiten und Rassisten propagandistischen Wind aus den Segeln zu nehmen. Wie sich erweisen sollte, eine trügerische Hoffnung – damals wie heute.

Einer noch ganz kleinen und auf Bayern beschränkten Partei war das alles nicht genug. Die NSDAP bestand in ihrem Parteiprogramm vom 25. Februar 1920 darauf, dass alle „Nicht-Deutschen, die seit dem 2. August 1914 in Deutschland eingewandert sind, sofort zum Verlassen des Reichs gezwungen werden“. Das Ansinnen der bayrischen Nazis war der bayrischen Regierung Befehl. Sie ordnete im April 1920 die sofortige Ausweisung aller in den Freistaat eingewanderten Juden an. Bevor sie Bayern verlassen mussten, wurden die Vertriebenen noch in ein Lager – genauer ein „Konzentrationslager“ – eingewiesen, das sich in Ingolstadt befand. Eben dort, wo heutige bayrische Politiker ihr Abschiebelager für Flüchtlinge aus dem „Westbalkan“ errichten wollen.

Dass Juden in Abschiebelagern interniert wurden, fand in den Jahren der Weimarer Republik die Zustimmung breiter Kreise der Bevölkerung. Auch von vielen wohlsituierten deutschen Juden störten sich nur wenige daran, dass man „Ostjuden“ als unerwünschte Ausländer behandelte und demütigte. Letztlich richteten sich Internierung und Abschiebung – so versicherten die notorisch staatstreuen deutschen Juden – doch nur „gegen kriminelle und verdächtige Elemente“.

Wenn jüdische Gemeinden zuweilen doch zaghaft formulierte Bedenken vortrugen, hinderte das die preußischen Sozialdemokraten nicht daran, dem bayrischen Beispiel zu folgen und ab Anfang 1921 auch in ihrem Freistaat „Konzentrationslager“ haben zu wollen. Eines davon befand sich in Cottbus-Sielow, das andere in Stargard (Pommern). Die beiden seinerzeit zu Preußen gehörenden Städte waren deshalb in die engere Wahl gekommen, weil man dort auf Lager für russische Kriegsgefangene aus der Zeit des Ersten Weltkriegs zurückgreifen konnte, die erst kurz zuvor – Ende 1920 – aufgelöst worden waren.

Die größtenteils noch an Ort und Stelle verbliebenen Wachmannschaften fanden eine neue Beschäftigung. Sie durften jetzt Juden bewachen. Was mit unverkennbarem Eifer geschah, wie ihn deutsche Soldaten bei derartigen Gelegenheiten zu zeigen wissen. Die wider Recht und Gesetz an diesen Internierungsorten festgehaltenen Juden wurden denkbar schlecht verpflegt und physisch misshandelt, allerdings noch nicht systematisch getötet. Wäre der Befehl dazu ergangen, hätte sich das Wachpersonal dem entzogen? Aller Voraussicht nach nicht. Für diese Annahme spricht folgende Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden: Im Juni 1921 kam es im Lager Stargard zum Brand in einer Baracke, in der sich mehrere Juden befanden. Wie häufig in solchen Fällen konnte nicht festgestellt werden, wer für das Feuer verantwortlich war. Die in der Baracke eingesperrten Juden waren es mit Sicherheit nicht. Da die Türen von außen verriegelt waren, konnten die vom Ersticken bedrohten Insassen nur durch zuvor zerschlagene Fenster ins Freie springen. Das jedoch wurde ihnen von den Wachposten schwer verübelt, sodass es Schläge und Tritte gab. Am nächsten Morgen wurde diese Tortur durch einen Feldwebel der Wachmannschaft mit der Bemerkung gerechtfertigt: „Die Juden sollen ruhig verbrennen.“

Damit ist eigentlich schon alles über diese ersten Konzentrationslager auf deutschem Boden gesagt. Nachzutragen wäre noch, dass sie erst Ende 1923 aufgelöst worden sind. Jedoch kam es dazu erst nach und wegen der Anfrage eines kommunistischen Abgeordneten im Preußischen Landtag. Der für die Errichtung der preußischen Konzentrationslager verantwortliche Carl Severing (SPD) gab im Dezember 1923 ziemlich widerwillig die Schließung des „Konzentrationslagers in Cottbus-Sielow“ bekannt, das – wie der Minister betonte – „seit langem besteht und zur Aufnahme jener Ausländer dient, die abgeschoben werden sollen, aber aus mehreren Gründen nicht abgeschoben werden können“.

Wolfgang Wippermann, freitag