Kreistagsfraktion Gießener Linke legt Verkehrswendebuch vor
In diesem Reader finden Sie zahlreiche Beispiele, Initiativen und Vorschläge für die Umsetzung der Verkehrswende in der Region. Dies war das Ziel unserer Veröffentlichung: Einen Beitrag zu leisten, der die Vielfalt und Qualität der vor Ort entwickelten Positionen und Konzepte aufzeigt und damit hilft, die Bewegung für eine Verkehrswende insgesamt voranzubringen und zu verbreitern.
Der Verkehrssektor ist im Landkreis Gießen nach einer Statistik aus dem Jahr 2014 mit rund 843.700 t CO2 der zweitgrößte Treibhausgas-Emittent (nach den privaten Haushalten). Größter Verursacher im Verkehr ist, der motorisierte Individualverkehr (64%), gefolgt vom Güterverkehr (32%). Ausschlaggebend für die Bedeutung des Verkehrssektors ist der Kfz-Verkehr auf den Autobahnen und auf dem Bundesstraßennetz. Etwa 40% der THG-Emissionen und 40% des Endenergieverbrauchs werden auf den Autobahnen verursacht. Etwa ein Viertel der Fahrleistung des Kfz-Verkehrsfindet im Stadtgebiet Gießen statt. Die Stadt Gießen stellt als Oberzentrum innerhalb des Landkreises das wichtigste Quell- und Zielgebiet des Verkehrs dar. Besonders bei den Wegebeziehungen der Binnen-Pendler im Landkreis, aber auch bei den Ein- und Auspendlern über die Kreisgrenze stellt die Stadt Gießen Ziel und Quelle der meisten Relationen dar. (vgl. Klimaschutzkonzept des Landkreises Gießen)
In Mittelhessen werden die meisten Wege (66 %) mit dem motorisierten Individualverkehr (MIV) zurückgelegt; 48 % erfolgen als Fahrer und 17 % als Mitfahrer. Daneben werden 34 % der Wege mit Verkehrsmitteln des Umweltverbundes zurückgelegt: 4 % mit dem Fahrrad, 24 % zu Fuß und 7 % im Öffentlichen Personenverkehr (ÖPV). Die durchschnittliche Tagesstrecke in Mittelhessen beträgt 38 km (bei 3,4 Wegen liegt die durchschnittliche Wegelänge bei 11,2 km). (vgl. Klimafreundliche Mobilität LK Gießen)
Diese kleine statistische Skizze unterstreicht, dass in unserem Landkreis, mit der Stadt Gießen, die über die größte Studierendendichte in der Bundesrepublik verfügt, der Anteil der ÖPNV-Nutzung wie auch der Verkehr per Rad sehr gering ist (die Zahlen für die vergleichbare Stadt Tübingen: ca. 26 % Radverkehr, 15 % ÖPNV). Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer ist aber sicher die sture, seit Jahrzehnten wider alle Proteste und Bewegungen von den jeweiligen kommunalpolitischen Mehrheiten (SPD/Grüne, CDU/Grüne, CDU/SPD/Grüne) vollzogene, auf den Vorrang des Autos ausgerichtete Verkehrspolitik.
Vieles ist in den letzten zwei, drei Jahren begonnen und auf den Weg gebracht worden. Es ist sehr zu hoffen und zu wünschen, dass dies fortgesetzt und weiterentwickelt wird. Nach wie vor ist für die Stadt Gießen das Ziel einer autofreien Innenstadt und die Einrichtung einer der beiden Doppelbahnen des Anlagenrings als Fahrradstraße der Dreh- und Angelpunkt. Jede künftige Mehrheit wird sich daran messen lassen müssen. Dies sind Forderungen, die seit 35 Jahren immer wieder im Zentrum verkehrspolitischer Auseinandersetzungen standen. Es ist Zeit, sie zu realisieren.
Zwar ist die Verkehrswende möglicherweise nicht das „Hauptkettenglied“ im Kampf für eine nachhaltige, klimagerechte Zukunft in diesem Land, aber sie ist eine wichtige Voraussetzung auf dem Weg der Treibhausgasreduzierung, Dekarbonisierung, des Ausstiegs aus der fossilen Industrie und zur Gestaltung sanfter, nachhaltiger Mobilitätssysteme, die urban, sozial verträglich, sicher sowie für die Umwelt und Gesundheit verträglich sind.
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