Gießener Linke fordert: Sozialtarif für den ÖPNV im Landkreis Gießen
In einem Antrag für die kommende Kreistagssitzung im November fordert die Fraktion der Gießener Linke die Einführung eines Sozialtarifs für Transferleistungsbezieher, also Menschen die Sozialhilfe, Grundrente oder Hartz-4 erhalten. Im ÖPNV des Landkreises sollen die Tickets für Einzel-, Wochen- oder Monatskarten um 50 bis 80 Prozent reduzieren werden. In der Stadt Gießen gibt es mit dem Gießen-Pass schon seit Jahren einen solchen Tarif für den genannten Personenkreis.
Zu den weit verbreiteten Mythen zählt die Meinung, Autos würden v.a. von abhängig Beschäftigten mit normalem oder auch geringerem Einkommen und finanziell beeinträchtigten Menschen genutzt. Die Statistiken zeigen jedoch, dass dies ein Irrtum ist: Nur die Hälfte der Haushalte mit sehr geringem Einkommen, ein Drittel der Haushalte mit niedrigem und ein Fünftel mit mittlerem Einkommen haben kein Auto. „Insgesamt fast ein Drittel aller Haushalte“, so Reinhard Hamel, Fraktionsvorsitzender der Gießener Linke, „verfügen über kein Auto. Es ist diese Personengruppe, die gerade im ländlichen Raum auf die Busse und Bahnen des ÖPNV angewiesen ist.“ Die Resultate zeigen, dass der Autobesitz deutlich von der ökonomischen Situation eines Haushalts abhängt
Auch die durch Befragung ermittelten Wegstrecken verweisen darauf, dass sich die Menschen vorwiegend innerhalb überschaubarer Entfernungen im Landkreis bewegen. So betragen die durchschnittlichen Wege, die mit dem Auto zurückgelegt werden, gerade einmal sechzehn Kilometer. Auch das Pendlerverhalten zeigt, dass in fast allen Städten und Gemeinden des Landkreises mehr als 60 Prozent der Beschäftigten entweder am Wohnort arbeiten oder in die Stadt Gießen bzw. in andere Landkreiskommunen pendeln. „Es handelt sich also bei fast zwei Dritteln aller Beschäftigten um Entfernungen, die – vorausgesetzt der ÖPNV bietet entsprechende Angebote – geradezu für den ÖPNV geschaffen sind.“ so Desiree Becker von der Kreistagsfraktion der Gießener Linke.
Da die Entfernungen im Landkreis größer sind als in der Stadt liegen die Ticketpreise oft über denen der Stadt. Hinzu kommt, dass seit Einführung des Euros sind die RMV-Tarife deutlich stärker gestiegen als die Inflationsrate, die Spritkosten für das Auto und die Lohn- und Gehaltseinkommen. Der Tarif für die Einzelfahrkarte der Preisstufe 1 betrug für den RMV im Jahre 2002 1,20 € und beträgt heute, im Jahr 2020 2,30 €. Das ist eine Erhöhung um 92 Prozent. Die Inflationsrate ist in dem Zeitraum um 29, der Preis für Superbenzin um 36 Prozent gestiegen und ist seit 2012 immer wieder mal rückläufig. Die Bruttolöhne und -gehälter stiegen seit 2002 um 40 Prozent. „Diese fahrgastunfreundliche, übermäßige Belastung der ÖPNV-Nutzer:innen“, so Erika Wolf, von der Fraktion, „trifft die Menschen besonders hart, die auf den ÖPNV angewiesen sind und schreckt eher ab, seine Dienste zu nutzen.“
Hier geht es zum gesamten Antag:Antrag 8 Sozialtarif für den ÖPNV im Landkreis Gießen