Gasumlage: Linke rufen zu Protesten auf
Die Energiearmut könnte mit der Umlage in Deutschland zunehmen. Verbraucherschützer bemängeln, dass noch viele Fragen ungeklärt seien. Und Linke meinen, Ostdeutsche sollten sich aktiv wehren.
Lange mussten die Menschen darauf warten – nun teilte die Firma Trading Hub Europe mit, wie hoch die Gasumlage in Deutschland ist: 2,419 Cent sollen die Verbraucher pro Kilowattstunde zahlen, um die Gasimporteure vor der Insolvenz zu retten.
Einem Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden kommt die Umlage mit rund 484 Euro im Jahr zu stehen. Falls noch zusätzlich die Mehrwertsteuer fällig werden sollte, dann steigen die Kosten auf 576 Euro.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat höhere Beträge errechnet. Eine Familie mit einem Einfamilienhaus (140 Quadratmeter) komme demnach jetzt auf eine Mehrbelastung von 542 Euro im Jahr. Die Mehrwertsteuer muss noch hinzugerechnet werden. Wer in einer Singlewohnung (60 Quadratmeter) lebe, müsse sich auf rund 203 Euro Mehrkosten einstellen, so die IW-Berechnung.
Damit dürfte auch die Energiearmut im Land zunehmen. Sie liegt vor, wenn ein Haushalt mehr als zehn Prozent seines Einkommens für Energie aufwenden muss. Das IW hatte bereits im Juli gewarnt, dass jeder vierte Haushalt in Deutschland energiearm sei. “Das Problem dürfte sich in den kommenden Monaten weiter verschärfen”, heißt es nun in der Erklärung des Instituts.
Verbraucherschützer fordern schnelle Entlastungen
Kritik an der Umlage übten auch Verbraucherschützer. Für Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), sind noch viele Fragen offen. “Bis heute ist nicht geklärt, mit welchen Fristen die Energieversorgungsunternehmen die Umlage an ihre Kunden weitergeben”, sagte sie am Montag. Zu klären sei auch noch, welche Endverbrauchergruppen die Umlage tragen müssten.
Sie forderte die Bundesregierung auf, die Einführung der Umlage zu verschieben. Es müssten nicht nur die offenen Fragen geklärt werden, sondern auch “das dringend benötigte Hilfspaket” müsse beschlossen werden. “Solange die Koalition über weitere Entlastungsmaßnahmen streitet, soll die Umlage steuerfinanziert werden”, so Pop.
Pop erklärte, es müsse auch klar sein, dass der Staat nicht mit der Mehrwertsteuer an der Umlage mitverdiene. Doch die Hoffnung darauf, dass die Bundesregierung auf die Mehrwertsteuer verzichtet, ist trügerisch.
Das müsste erst von den EU-Gremien genehmigt werden. Zuständig sei der EU-Rat, erklärte die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Julia Klöckner, und die Abstimmung müsste einstimmig ausfallen. Die Genehmigung könne zudem “bis zu acht Monate dauern”, so Klöckner.
Es scheint damit absehbar zu sein, dass der Staat an der Rettung von Uniper und anderen Energiekonzernen mitverdient – auch wenn seitens der Bundesregierung anderes verlautbart werden sollte. Ohne Genehmigung aus Brüssel kann sie gar nicht anders und muss mitverdienen.
Linke rufen zu Montagsdemonstrationen auf
Politiker aus der Linken fühlen sich nun ermutigt und sie rufen die Bürger dazu auf, gegen die Gasumlage auf die Straße zu gehen.
“Ich hatte Ihnen ja einen heißen Herbst der sozialen Proteste gegen die soziale Kälte der Bundesregierung angekündigt”, sagte der Co-Vorsitzende Martin Schirdewan am Montag in Berlin. Weil sich die Bundesregierung für einen unsozialen Kurs entschieden habe, “werden wir diesen Protest mit unterstützen, werden ihn da, wo wir können, auch mit organisieren”.
Sein Parteikollege Sören Pellmann zeigte dagegen mehr Entschlossenheit. Er rief die Menschen in den ostdeutschen Bundesländern zu Montagsdemos auf. Die Umlage sei ein “Schlag gegen den Osten” und “der schärfste soziale Einschnitt für die Bürger seit den Hartz-Reformen der 2000er-Jahre”, sagte der Bundestagsabgeordnete.
Dass er vor allem Ostdeutsche zu Protesten aufrief, begründete Pellmann damit, dass der Osten besonders anfällig für explodierende Energiepreise sei, wegen geringerer Einkommen und Rücklagen. “Die Gasumlage ist für Hunderttausende Ostdeutsche eine Rutschbahn in die Existenzkrise” und dagegen sollten sie sich wehren. (Bernd Müller)