Die Gegenstrategien sind noch nicht ausreichend: Hochwasser als Folge der Klimakrise

Bei den Überschwemmungen in Teilen Österreichs, Polens, Rumäniens und Tschechiens sind bisher mindestens 18 Menschen ums Leben gekommen, kilometerweit sind Felder und Straßen überschwemmt, Keller und Häuser vollgelaufen, Dämme und Deiche zerstört. »Die Hochwasser, die wir sehen, sind bedrückend«, findet Bundeskanzler Olaf Scholz. »Wir werden ...

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Gießener Linke fordert Wohnraumleerstandkataster

Der hessische Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori hat entschlossene Maßnahmen gegen den Missstand leerstehender Wohnungen angekündigt. „Die neuen Zahlen mit fast zwei Millionen leerstehenden Wohnungen in Deutschland vor allem in Großstädten zeigen, wie groß der Handlungsbedarf ist“, sagte Mansoori am Freitag in Berlin. In Hessen stehen über 122.000 Wohnungen leer. In Frankfurt gibt es fast 13.000 leerstehende Wohnungen, ...

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Gießener Linke fordert Verzicht auf den Bau der Ortumgehung Reiskirchen (B49)

Im Januar 2025 soll der seit Jahrzehnten größte Straßenbau im Kreis Gießen starten: Die geplante Südumgehung um Reiskirchen und Lindenstruth, also ein Neubau der B49 mitten durch eine ökologisch wertvolle Landschaft und direkt am Rand der geschützten Jossolleraue. Mehrere geschützte Arten wurden dafür „vergrämt“ (Begriff aus ...

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Bündnis für Verkehrswende: IG Metall an der Seite von Fahrrad und Schiene

IG Metall überrascht mit neuem Bündnis. Gemeinsam mit Fahrrad- und Schienenverbänden fordert sie eine Verkehrswende. Doch wie reagieren die Beschäftigten? Die IG Metall feiert derzeit ihr 75. Jubiläum. Die Arbeitswelt hat sich seit Gewerkschaftsgründung häufig verändert. Jetzt stehen wichtige Industriesparten wie Auto, Maschinenbau und Stahl vor ...

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Zum Ausgang der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen: VERSCHIEDENE FACETTEN DES ALLGEMEINEN RECHTSRUCKS

1. Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen haben das ebenso eindeutige wie erwartete Ergebnis: Die „Ampelparteien“, die in Berlin die Bundesregierung stellen, sind politisch aufgerieben und auf einstellige Ergebnisse reduziert worden. Die FDP, die in Berlin drei der wichtigsten Ministerien anführt, erhält nur noch ein Prozent ...

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Diplomatie jetzt! Appell für Frieden in der Ukraine

Wir – politische Aktivistinnen und Aktivisten, Intellektuelle und Bürgerinnen und Bürger –, die diesen Aufruf für eine gemeinsame, universelle und internationale diplomatische Initiative für den Frieden in Europa und in der Welt unterzeichnet haben, sind von Folgendem überzeugt: Das Blutvergießen und die Zerstörung in der Ukraine ...

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Nobelpreisträger fordern Ende der Isolation Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage

69 Nobelpreisträgerinnen und Nobelpreisträger haben in einem Brief an mehrere Organisationen des Europarates sowie an den UN- Menschenrechtskomitee und in einem weiteren Brief an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan die Beendigung der Isolation, die endgültige Freilassung des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan sowie die Wiederaufnahme ...

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Löhne rauf - Waffen runter!

Am 14./15.Juni 2024 trafen sich im Stuttgarter Gewerkschaftshaus etwa 200 Kolleg*innen und bis zu 800 im Stream zugeschaltete Menschen zu einer Friedenskonferenz, die von der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Kooperation mit ver.di-Stuttgart organisiert wurde. Es war die zweite Tagung dieser Art. Zuletzt organisierte die IG Metall Hanau und ...

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Gießener Linke fordert: Rhein-Main-Link als Freileitung

Der Bau, Betrieb und die Wartung von Offshore-Windkraftanlagen sind mit schädlichen Auswirkungen auf Meeressäuger, Vögel, Fische und die Lebensgemeinschaften am Meeresboden verbunden. Der Ausbau großer Offshore-Parks liegt v.a. im Interesse großer Konzerne, für die diese Projekte profitable Investitionen darstellen. Eine dezentrale Struktur der Windenergiegewinnung im ...

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Europawahl - Wahlaufruf des Kreisausländerbeirats

Aufruf zur Europawahl am 09. Juni 2024 Am 9. Juni 2024 ist es wieder soweit - alle EU-BürgerInnen haben die Möglichkeit, durch ihre Stimmabgabe an der Urne die Zukunft von Europa zu bestimmen. Diese Wahl ist eine ganz besondere - denn zum ersten Mal dürfen EU-BürgerInnen in Deutschland ab ...

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Das Elend der Schuldenbremse beenden – Wege aus dem Finanzchaos

Nachdem die Kritik an der Schuldenbremse unter dem Druck ihrer unübersehbaren Ausbremsung für die Zukunft an Breite gewinnt, ist ein Rückblick unvermeidbar: Die »Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik« hat bereits seit dem Start der »Föderalismuskommission II« im März 2007 die Schuldenbremse analytisch fundiert und empirisch abgesichert kritisiert.

Plädiert wurde für die Beibehaltung der »goldenen Regel«, die die Kreditfinanzierung von Investitionen ermöglicht, damit jedoch den Einsatz für Konsumausgaben komplett ausschließt.

Und es war Axel Troost (1954–2023), der großartige Chefmanager der Arbeitsgruppe, der als Abgeordneter für DIE LINKE in der Förderalismuskommision und im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages unter Nutzung der Erkenntnisse der »functional finance“ mit deren Nestor R.A. Musgrave vor den Gefahren infolge des Verbots kreditfinanzierter Zukunftsinvestitionen gewarnt hat. Er war es auch, der die »außergewöhnlichen Notlagen« als Grund für das Aussetzen der Schuldenbremse in die Grundgesetzänderung eingebracht hat.

Nach der Etablierung der Schuldenbremse im Mai 2009 in der Verfassung hat die Arbeitsgruppe auch auf der Basis ihrer vorangegangenen Analysen zu den Staatsschulden immer wieder diese Schuldenbremse, die die Handlungsfähigkeit des Staates ausbremst, kritisiert. Anfangs traf dafür die »Memo-Gruppe« der Bannstrahl durch die übermächtige Mainstream-Finanzwissenschaft.

Parteipolitisch waren es allerdings nicht nur die CDU/CSU und SPD in der Großen Koalition, sondern vor allem auch Bündnis 90/Die Grünen, die aus der missverstandenen Sorge um die Erblast künftiger Generationen ziemlich aggressiv für das Verbot der Kreditfinanzierung beim Bund und den Ländern kämpften.

Mittlerweile ist bei der SPD und den »Grünen« eine finanzpolitische Zeitenwende zu erkennen. Beispielhaft dafür ist die Rede von Robert Habeck auf der Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen am 23. November 2023 in Karlsruhe. Sein glühendes Plädoyer für die goldene – nach seinen Worten eher grüne – Regel stimmt mit der von Anfang an geübten Kritik der Memo-Gruppe an der Abschaffung des parlamentarischen Rechts, Kredite für öffentliche Infrastrukturinvestitionen einzusetzen, überein.

Auch in der Wirtschaftswissenschaft setzt sich endlich finanzpolitische Vernunft durch. Dafür steht die kluge Argumentation von Michael Hüther vom »Institut der deutschen Wirtschaft«. Allerdings greift die Begründung, infolge der Klimakrise sei die Schuldenbremse »aus der Zeit gefallen« zu kurz. Vielmehr offenbart sich heute besonders stark das von Anfang schädliche Verbot der Kreditfinanzierung von Zukunftsinvestitionen in alle Bereiche der Infrastruktur.

Auf die Geschichte der Schuldenbremse zurückblickend, lohnt es sich also, die Analysen und Vorschläge der »Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik« ernst zu nehmen. Deshalb also auch dieser Kommentar zur aktuellen Debatte als ein »Blick zurück nach vorn«.

Der Urteilsspruch durch das Bundesverfassungsgericht zu den vom Corona-Topf in den »Klima- und Transformationsfonds« umgebuchten Kreditermächtigungen über 60 Mrd. € durfte nicht überraschen. Nicht der Spruch aus Karlsruhe, sondern das durch die CDU/CSU-SPD-Koalition unter vehementem Druck der GRÜNEN aus der Opposition gewollte Kreditverbot ist das Urproblem.

Anstelle der zuvor praktizierten »goldenen Regel« zur Finanzierung öffentlicher Investitionen durch öffentliche Kredite gilt seit 2009: Den Bundesländern ist der Einsatz von Neuschulden komplett verboten. Dem Bund wird nur noch ein Deckel für strukturelle Schulden mit 0,35% vom Bruttoinlandsprodukt (2022 sind das 13,5 Mrd. €) zugestanden. Immerhin ist vom Grundgedanken der gegen Konjunkturkrisen steuernden Finanzpolitik etwas übriggeblieben.

Der Staat darf allerdings nur in Zeiten der konjunkturellen Krise kurzfristig kreditfinanziert intervenieren. Diese Beschränkung der Schuldenbremse im Ausmaß der Konjunkturkomponente sowie das grundsätzliche Verbot von öffentlichen Zukunftsinvestitionen offenbart das absehbare Elend mit der Schuldenbremse. Gegenüber den heutigen Herausforderungen durch die Mehrfachkrisen, überlagert von der Klimakrise, wirkt das Kreditverbot am Ende krisentreibend.

Parlamenten ist das Recht genommen worden, über die Kreditfinanzierung öffentlicher Investitionen zu entscheiden. Davon betroffen sind Investitionen selbst in die Instandhaltung der Infrastruktur sowie in die Zukunft gerichtete Kreditprogramme wie für Bildung, Digitalisierung, Wohnungsbau und vor allem Klimaschutz. Diese Ausgaben alternativ über Steuererhöhungen und/oder Ausgabenkürzungen zu finanzieren, stößt an hochgradig gefährliche systemische Grenzen.

Bei der Suche nach den Motiven für die Schuldenbremse rückt der populistische Mythos in den Mittelpunkt: Nachfolgenden Generationen würde durch die heutigen Staatschulden eine unbewältigbare Erblast übereignet. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Mit den heute getätigten Investitionen in die Zukunft wird die Politik nachfolgenden Generationen durch die Schaffung nachhaltiger Vermögenssubstanz gerecht.

Es sind die dadurch erzeugten modernen Produktionsverhältnisse, aus denen die nachfolgenden Generationen die Zinszahlungen und Tilgung für die Staatschulden erwirtschaften werden. Diese Politik der Generationengerechtigkeit ist alternativlos. Denn durch den Verzicht auf kreditfinanzierte Investitionen in die Zukunft würden zuerst die Reparaturkosten massiv steigen und am Ende wären die Klimaschäden nicht mehr reparierbar.

Die Finanzpolitik bewegt sich heute unter dem Regime der Schuldenbremse in dem Widerspruch, unverzichtbar Sinnvolles nicht tun zu können, weil die schädliche Entwicklungsbremse Kreditverbot dies verbietet. Aus dieser sich schon lange entfaltenden Not haben viele Bundesländer vor allem durch die Beanspruchung von Ausnahmen vom Kreditverbot auch durch mehrere Sonderfonds fieberhaft einen Ausweg gesucht.

Die im Grundgesetz zugelassenen Ausnahmen für öffentliche Investitionen vor allem »außergewöhnlicher Notsituationen« sind extensiv genutzt worden. Seit der Coronakrise, nachfolgend verstärkt durch die neuen Krisenherde im Bereich Energie infolge des Ukraine-Kriegs, Klima, aber auch Globalisierung, ist heute die Ausnahme von der Schuldenbremse eher die Regel.

Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht dieser teilweisen Schuldentrickserei ein Ende gesetzt. Die rote Karte für die Umwidmung von Mitteln aus dem Corona-Topf in den »Klima- und Transformationsfonds« wirkt sich auf alle, mehrjährig angelegten, per Kredit finanzierten Investitionsprojekte aus. So trifft es auch den »Wirtschaftsstabilisierungsfonds« mit seinen 200 Mrd. €, aus dem die Gas- und Strompreisbremse, aber auch Subvention für den Intel-Chip-Standort in Magdeburg sind betroffen.

Aus diesem Chaos der Finanzpolitik durch die Schuldenbremse mit verheerenden Folgen für den sozial-ökologischen Umbau heraus führt nur die Rückkehr zur zuvor geltenden »goldenen Regel«. Denn Kredite sind für öffentliche Investitionen in eine nachhaltige Zukunft unverzichtbar. Eine Zweitdrittelmehrheit für diese Grundgesetzänderung ist jedoch wegen des Ampelpartners FDP sowie dem machtpolitischen Interesse der CDU/CSU, die Ampel-Regierung zu stürzen, nicht in Sicht.

Unterhalb der Verfassungsänderung bietet sich folgende Vorgehensweise an: Erklärt wird die Haushaltsnotlage, zu der auch das Bundesverfassungsgericht mit seinem 60 Mrd. €-Urteil beigetragen hat. Der geplante Nachtragshaushalt für 2023 folgt dieser Überlegung. Da sich an der Notlage wenig ändern wird, sollte auch 2024 das öffentliche Kreditverbot ausgesetzt werden.

Aber auch das das Bundesverfassungsgericht sollte klarstellen: Der anhaltende Klimanotstand begründet als »außerordentliche Notlage« die ausgesetzte Schuldenbremse für verfassungskonform. Die Begründung haben die Wächter des Grundgesetzes mit ihrem Urteil vom März 2021 bereits geliefert: Wenn die heutige Generation eine »mildere Reduktionslast« beim CO2-Verbrauch zu Lasten der nachfolgenden Generationen trägt, dann sind die dadurch erzeugten »Freiheitseinbußen« infolge von Klimaschäden zu Lasten nachfolgender Generationen verfassungswidrig. Diese Generationsgerechtigkeit im Verfassungsrang steht gegen die populistische Propaganda von den nachfolgenden Generationen vererbten Schuldenlast.


Rudolf Hickel
, Prof. für Professor für Finanzwirtschaft im Ruhestand an der Universität Bremen, ist einer der Mitbegründer der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. Anlässlich seines 80. Geburtstags erschien 2022 der Band Alternative Wirtschaftspolitik. Wissenschaft – Beratung – Publizistik. Gemeinsam mit Norbert Reuter hat er im Sommer 2023 das noch von Axel Troost auf den Weg gebrachte Buch Soziale Kipppunkte, bedrohte Existenzen, wachsende Armut mit herausgegeben.

3. Dezember 2023 Rudolf Hickel aus: Sozialismus