Gießener Linke fordert: Rhein-Main-Link als Freileitung
Der Bau, Betrieb und die Wartung von Offshore-Windkraftanlagen sind mit schädlichen Auswirkungen auf Meeressäuger, Vögel, Fische und die Lebensgemeinschaften am Meeresboden verbunden. Der Ausbau großer Offshore-Parks liegt v.a. im Interesse großer Konzerne, für die diese Projekte profitable Investitionen darstellen. Eine dezentrale Struktur der Windenergiegewinnung im Umfeld von Ballungszentren und Industrieclustern würde das Transportproblem weitgehend reduzieren und Trassen über Hunderte Kilometer, wie sie jetzt gebaut werden sollen, erübrigen.
Der Transport erneuerbarer Energie vom Norden (den Offshore-Windparks) in die industriellen, urbanen Ballungszentren im Süden und Westen ist notwendig. Wir betonen deswegen ausdrücklich, dass diese Initiative nicht die Absicht hat, dieses Projekt zu blockieren oder zu verzögern. Wir wenden uns deswegen ausdrücklich auch nicht gegen die vorgeschlagene Trasse durch den Landkreis.
Es gibt jedoch erhebliche Kritik, die auch überall wo in den letzten Wochen Infoversammlungen zu diesem Thema stattgefunden haben, lautstark geäußert wurde, an der geplanten Erdverkabelung. Diese war allein von süddeutschen Politiker:innen massiv gefordert und letztlich durchgesetzt worden, um idyllische Landschaftsbilder aus vergangenen Zeiten heraufzubeschwören, die schon lange in Folge von Straßenbauten, Raumordnung im Interesse industrieller Landwirtschaft, Zersiedelung, Gefährdung der Biodiversität u. a. nur noch in der Fantasie existieren.
Das Erdkabel hat jedoch gegenüber einer Freileitung erhebliche Nachteile:
- Die Kosten für den gesamten Link werden auf über 10 Mrd. Euro geschätzt. Eine Freileitung mit den gleichen Kapazitäten für die 600 km würde laut Schätzungen wohl weniger als die Hälfte an Kosten verursachen.
- Die Freileitung ließe sich wesentlich schneller planen und realisieren, ggf. entlang vorhandener Freileitungen. Der gesamte Aufwand an Ressourcen, Logistik und Genehmigungsverfahren wäre wesentlich geringer. Der Eingriff in die Natur und Böden wäre gegenüber einem Erdkabel unbedeutend. Auch landwirtschaftliche Betriebe wären nicht in ihrer Existenz gefährdet, weil unter den Leitungen die Bewirtschaftung des Bodens möglich ist.
- Der Erdaushub für den Link bei ca. 2 Meter Tiefe und 40 Meter Breite würde sich auf ca. 5 Millionen Kubikmeter. Dabei würden vielerorts, so auch in unserem Landkreis, wertvolle, ertragreiche Böden in Anspruch genommen, die oft – wie Fachleute sagen – für mehrere Jahrzehnte nicht regenerierbar wären. Einzelne bäuerliche Existenzen könnten dadurch bedroht und gefährdet werden.
Das Gesetz sieht übrigens ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass der Link auch als Freileitung gebaut werden kann.
Insgesamt passt dieses Projekt finanzpolitisch, aber auch hinsichtlich der Umweltbelastungen nicht in die heutige Zeit. Die Milliarden, die hier eingespart werden können, sind mit Sicherheit bei anderen, vernünftigeren Projekten – wie Kitas, Schulen, Kliniken, Wohnungen – besser investiert.
Frühestens 2028 würden die Arbeiten für ein Erdkabel beginnen. Vier Jahre, in denen noch der Weg der Vernunft eingeschlagen werden und eine Umkehr stattfinden kann. Genug Zeit, um eine alternative Freilandleitung zu planen und zu bauen.
Deswegen fordert die Fraktion der Gießener Linke im Kreistag, dass der Landkreis gemeinsam mit anderen Landkreisen, Städten und Kommunen initiativ werden soll, um den Rhein-Main-Link als Freileitung – und nicht als Erdkabel – zu planen und zu bauen.