Paritätischer: Zurückweisungen sofort beenden

10. Juni 2025 Der Paritätische Wohlfahrtsverband appelliert anlässlich der morgen beginnenden Innenministerkonferenz an eine Rückkehr zu verantwortungsvoller Migrationspolitik. Europarechtswidrige Zurückweisungen müssen sofort beendet und legale Zugangswege ausgebaut werden. Zudem fordert der Paritätische eine nachhaltige Finanzierung für Beratungs- und Integrationsstrukturen. Anlässlich der 223. Sitzung ...

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Dran, dran, dieweil das Feuer heiß ist! Vor 500 Jahren endete der Deutsche Bauernkrieg in Thüringen mit der Schlacht bei Frankenhausen

»Die Herren machen das selber, dass ihnen der arme Mann feind wird«, schrieb der Prediger und Anführer der Thüringer Bauern, Thomas Müntzer, in seiner »Hochverursachten Schutzrede« gegen Martin Luther im September 1524. »Die Ursach des Aufruhrs wollen sie nit wegtun. Wie kann es die Länge ...

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100 Tage Donald Trump - Eine Zwischenbilanz für das Kettensägenland USA

Seit 100 Tagen ist der Republikaner Donald Trump im Amt. Mit seiner Amtseinführung am 20. Januar 2025 wurde er zum zweiten Mal Präsident der USA. Seitdem hat sich in seiner Politik sehr viel geändert. Ob Richtungswechsel in der Außenpolitik oder die Einführung von Zöllen: Der ...

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9. April 1945 - Georg Elser: Allein gegen Hitle

Vor 80 Jahren – am 9. April 1945 – wurde der Schreinergeselle Georg Elser im KZ Dachau ermordet. Mit einer selbstgebastelten Bombe hatte er ein Attentat auf Hitler geplant, während dieser im Münchner Bürgerbräukeller eine Rede hielt. Doch der „Führer“ verließ vorzeitig den Saal und ...

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PRO ASYL: Bahnbrechendes Urteil aus Griechenland – Ende des EU-Türkei-Deals?

Der Oberste Gerichtshof Griechenlands hat in einem wegweisenden Urteil verkündet: Die Türkei ist kein “sicherer Drittstaat” für Flüchtlinge. Das hat Signalwirkung für ganz Europa, bedeutet vermutlich gar das Ende des EU-Türkei-Deals. Auch bei den deutschen Koalitionsverhandlungen sollte das Urteil beachtet werden.  Griechenlands oberstes Verwaltungsgericht hat am ...

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Freigabe der A49 - Mit Vollgas in die Klimahölle

Aktion am Danni: Mit Vollgas in die Klimahölle Anlässlich der geplanten Freigabe der umstrittenen A49 am Freitag den 21. März, haben Aktivist*innen eine deutliche Botschaft an einer Autobahnbrücke im Dannenröder Wald hinterlassen: „Mit Vollgas in die Klimahölle“, „Danni lebt!“. Im Zuge der Feierlichkeiten im Rahmen der Einweihung ...

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Das Comeback der Linkspartei

Während die Linkspartei noch in der zweiten Januarhälfte bei Umfragen zwischen 3% und 4% lag, erreichte sie im Endergebnis der Bundestagswahl 8,8% – ein Aufstieg wie Phönix aus der Asche. Denn der lange infrage stehende Wiedereinzug mit 64 Abgeordneten in den Bundestag ist erfolgreich erkämpft worden, ...

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370 Superreiche warnen: Zu viel Geld gefährdet Demokratie

Dramatischer Appell an die Politik. Superreiche fordern höhere Steuern – für sich selbst. Zu diesem Schritt bewogen hat sie eine einfache Erkenntnis. Vor wenigen Tagen veröffentlichte die Hilfsorganisation Oxfam ihren neuen Ungleichheitsbericht [1]. Das Vermögen eines Milliardärs vergrößerte sich im vergangenen Jahr im Schnitt um zwei ...

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Wohnfläche

Zu viel und zu wenig. Umverteilung im Bestand ist nötig. Der Wohnraum, der Haushalten zur Verfügung steht, gilt als wichtiges Maß zur Beurteilung der Wohnverhältnisse und hat sich im letzten Jahrhundert als Indikator für den gesellschaftlichen Wohlstand etabliert. Die Frage nach der ausreichenden Größe der Wohnungen ...

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Bezahlkarte für Geflüchtete: »Wir können gern eine für Politiker einführen«

HeHessen: Bündnis hilft Geflüchteten, trotz Bezahlkarte an Bargeld zu kommen. Ein Gespräch mit Desiree Becker Interview: Gitta Düperthalssen: Bündnis hilft Geflüchteten, trotz Bezahlkarte an Bargeld zu kommen. Ein Gespräch mit Desiree Becker Interview: Gitta Düperthal Auch das von CDU und SPD regierte Bundesland Hessen führt aktuell ...

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Grundrechtsfeindlicher Überbietungswettkampf

Das Attentat auf dem Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche ist seit dem rechtsradikalen Anschlag auf das Oktoberfest 1980 in München der schwerwiegendste Anschlag in Deutschland. Die Sorge ist, dass die Polarisierung in der Debatte über Asylpolitik und Abschiebung zunehmen und die Hetze gegen Flüchtlinge noch aggressiver wird.[1] Tatsächlich wurden nach den ersten Meldungen umgehend Vorverurteilungen und Schuldzuweisungen produziert.

Der AfD-Chef in Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell, twitterte nach dem Anschlag: »Wann schlägt der deutsche Rechtsstaat zurück? Wann hört diese verfluchte Heuchelei endlich auf? Es sind Merkels Tote! #Nizza«. Seine Parteivorsitzende und Ehefrau Frauke Petry verkündete auf Facebook »Merkel und Co. tragen hier eine erhebliche Mitschuld«; sie habe illegalen Einwandern Tür und Tor geöffnet. Illegal wird hier mit kriminell gleichgesetzt.

Zielgerichtet verbindet die AfD den Anschlag mit ihren Feindbildern. Dazu gehört die »Gefährdung des Abendlandes« durch »kulturfremde Invasoren«. Bereits zuvor nutzte die populistische Rechte in Europa die Anschläge in Paris, Brüssel und Nizza als Steilvorlage für ihre ausländerfeindliche, menschenverachtende Politik und zur Verbreitung islamophoben Gedankenguts.

Die nach dem Attentat aufbrausende politische Debatte belegt allerdings erneut, dass das rechte Ressentiment weit über den Wirkungskreis der AfD hinaus reicht. Im Programmpapier der CSU-Landesgruppe im Bundestag für deren Klausurtagung wird die ganze Breite des Ressentiments bedient: vom Burka- und Nikab-Verbot und der Anerkennung der deutschen »Leitkultur« über die Abschaffung des Doppelpasses, der Zuwanderungsquote und weiterer Einschränkungen beim Familiennachzug bis hin zur Forderung, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge nach Nordafrika zurück zu verfrachten.

Seehofers umgehende Forderung nach dem Berliner Attentat, die »gesamte Zuwanderungs- und Sicherheitspolitik« zu »überdenken«, hätte weder an der Tatvorbereitung noch am Tathergang irgendetwas geändert, bringt aber unmissverständlich zum Ausdruck, mit welcher Kraft die CSU dabei ist, rechtspopulistisches Terrain zu besetzen, um den AfD-organisierten Rechtspopulismus das Wasser abzugraben.

Fest steht, dass alle gesetzlichen Verschärfungen der Vergangenheit den Anschlag nicht verhindert haben. Wer dennoch mehr Härte fordert, bestätigt das Kalkül des Islamischen Staats, der darauf setzt, dass durch die Zunahme von Misstrauen gegenüber Flüchtlingen und Muslimen in westlichen Gesellschaften sich Einzelne bzw. Gruppen radikalisieren und für seine Zwecke einspannen lassen. Die Kampfrherotik aus den Reihen der AfD und CSU, die den Generalverdacht gegen Muslime alltäglich macht, ist Wasser auf die Mühlen der Prediger des  IS.

Mittlerweile hat ein grundrechtsfeindlicher Überbietungswettkampf eingesetzt.[2] Innenpolitiker aus der Union machen Druck, die Gesetze zu verschärfen, um besser für die terroristische Bedrohung gewappnet zu sein. Saarlands Innenminister Klaus Bouillon, Vorsitzender der Innenministerkonferenz, nahm zwar seine Äußerung, Deutschland befinde sich im »Kriegszustand« zurück, dennoch wartet er täglich mit Plänen für »neue« sicherheitspolitische Maßnahmen auf. Die Vorschläge in der öffentlichen Debatte reichen von der Ausweitung der Videoüberwachung über spezielle Erstaufnahmeeinrichtungen bis hin zu Fußfesseln.

Die gebetsmühlenartige Wiederholung von Forderungen nach Gesetzesverschärfungen soll den BürgerInnen entschlossenes Handeln vorgaukeln. Dabei erlebte Deutschland 2016 den umfangreichsten Ausbau des Überwachungsstaates seit Jahren: Ausweitung der Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes, ein neues Anti-Terror-Paket, Einführung der Fluggastdatenspeicherung, mehr Videoüberwachung, Datenbankverknüpfungen in ganz Europa und Ausbau der Überwachung der Geflüchteten.

Publizistische Unterstützung für die Forderungen nach schärferen Sicherheitsmaßnahmen leistet der FAZ-Mitherausgeber Berthold Kohler mit der Forderung, die deutsche Demokratie müsse »im Angesicht des Terrors ihre Wehrhaftigkeit beweisen«. Dabei hat die Tat des mutmaßlichen, in Mailand erschossenen Berliner Attentäters Anis Amri weder etwas mit der Flüchtlingswelle des vergangenen Jahres noch etwas mit dem Flüchtlingsrecht zu tun.

Der tunesische Staatsbürger Amri ist den deutschen Sicherheitsbehörden schon länger als islamistischer »Gefährder« bekannt; dass sie ihm einen Terrorakt zutrauten, wird nach einem Blick in die Gefährderdatei deutlich, die dem Bayerischen Rundfunk in Auszügen vorliegt. Dort hieß es bereits im März 2016: Der Verdächtige werbe im gesamten Bundesgebiet »offensiv bei anderen Personen darum, gemeinsam mit ihm islamistisch motivierte Anschläge zu begehen«.

Das Flüchtlingsrecht hatte funktioniert: Der Asylantrag des Mannes war im Juni 2016 ziemlich schnell abgelehnt worden. Seitdem gilt das allgemeine Ausländerrecht. Anis Amri war ausreisepflichtig, hatte aber eine auf NRW beschränkte Duldung, weil die zur Abschiebung nötigen Papiere noch nicht vorlagen. Trotzdem hielt sich der Mann, wie die Behörden wussten, oft in Berlin auf. Zwischen Februar und März 2016 soll Amri von einem »geheimen Informanten des Verfassungsschutzes« von Dortmund nach Berlin gefahren worden sein, heißt es in einem Aktenvermerk, der im ARD-Brennpunkt gezeigt wurde: »Er wird durch die VP [(»Vertrauensperson« des LKA NRW] gefahren und macht Angaben dazu, dass es sein Auftrag sei, im Sinne von Allah zu töten«.

»Überforderung? Oder haben Sicherheitsbehörden das Risiko Amri in Kauf genommen, weil man sich von seiner Überwachung Erkenntnisse erhoffte?«, fragt Heribert Prantl in seinem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung (22.12.2016). Oder hat die überwachende Behörde anderen Behörden nichts gesagt, weil man die Erkenntnisse für sich haben wollte? Derartige Rivalitäten sind spätestens aus der Geschichte des NSU bekannt.

Fest steht: Um sogenannte Gefährder zu packen, muss das Recht nicht verschärft werden. Es hätte eine Abschiebungsanordnung nach § 58a Aufenthaltsgesetz erlassen werden können, »zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit« samt strikten Meldeauflagen bei der Polizei. Die Abschiebehaft ist geschärft worden; diese Haft kann bis zu sechs Monate dauern, in Sonderfällen bis zu ein Jahr. Lasch ist das keineswegs. »Das Recht ist scharf; man muss es anwenden«, meint Prantl. Statt gezielt gegen potenziell Verdächtige vorzugehen, ganze Personengruppen unter einen Generalverdacht zu stellen, ist menschenverachtend.

Natürlich gibt es keinen hundertprozentigen Schutz vor Verbrechen und Terror – auch nicht mit noch mehr Überwachungskameras und Vorratsdatenspeicherung. Der unseligen Tradition, ständig auf Vorrat immer neue Befugnisse für die Sicherheitsbehörden zu schaffen, muss ein Riegel vorgeschoben werden. Denn es wird nicht mehr Sicherheit, sondern ein Sicherheitsapparat geschaffen, der keinen Schutz vor Terror bietet, aber demokratische Rechte in den Zangengriff nimmt.

[1] Seit Anfang 2016 hat das Bundeskriminalamt (BKA) 797 Straftaten gegen Flüchtlingsheime registriert. Für 740 Delikte sind »rechtsmotivierte Täter« verantwortlich. Bei 137 Straftaten wandten die Angreifer Gewalt an. Im laufenden Jahr gab es 61 Brandstiftungen und zehn Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz.
[2] Vgl. Otto König/Richard Detje: Köln – Wie die Übergriffe instrumentalisiert werden. Überbietungswettbewerb zum »Schutz der inneren Sicherheit«, SozialismusAktuell 25.1.2016.

Otto König / Richard Detje: Ruf nach schärferen Sicherheitsgesetzen, Sozialismus, 29.12.16