Indien: Über 150 Millionen beteiligen sich an Generalstreik gegen Modi-Regierung
Nach offiziellen Angaben beteiligten sich über 150 Millionen Arbeiter und Angestellte am 2. September beim Generalstreik gegen die seit Mai 2014 amtierende reaktionäre Modi-Regierung. Diese hatte im Dezember 2014 durch den Streik der Bergarbeiter schon eine erste Schlappe einstecken müssen bei ihrem Versuch, mehrere arbeiter- und frauenfeindlichen Gesetze im Parlament beschließen zu lassen. Der kämpferische Gewerkschaftsverband NTUI (New Trade Union Initiative) bezeichnet den Generalstreik als eine Steigerung, da nicht nur in den Hochburgen der Gewerkschaften, sondern in vielen Städten des ganzen Landes gestreikt wurde.
Dazu hatten die 13 offiziell registrierten nationalen Gewerkschaften aufgerufen. Unter diesen hatten die vier Gewerkschaftsdachverbände AICCTU und IFTU sowie NTUI und TUCI (beide mit ICOR-Parteien verbunden – in Indien sind politische Richtungsgewerkschaften vorherrschend) in einem eigenen Aufruf für die zentralen Forderungen mobilisiert:
– Verhinderung der Gesetze, die die Modi-Regierung zum Abbau der sozialen Rechte der Arbeiter, zur Privatisierung im Eisenbahn- und Gesundheitswesen, zur Behinderung der Gründung von Gewerkschaften sowie zur Aushöhlung des Kündigungsschutzes in Betrieben unter 300 Beschäftigten im Parlament eingebracht hat
– Erhöhung der Mindestlöhne von 5.000 bis 9.000 Rupies auf 15.000 Rupies (230 Euro) im Monat
– Rücknahme der Gesetze der Landvertreibung zugunsten der Ansiedlung internationaler Monopole.
Der Streik war ein wichtiger Schritt zur Herstellung der Einheit der festangestellten Arbeitern mit den Zeit- und Kontraktarbeitern sowie der Beschäftigten der staatlichen Betriebe mit denen der internationalen Monopole. Im Bergbau streikten nach Angaben der “Times of India” über 400.000 Kumpel und legten landesweit 50 Prozent der 1,7 Millionen Tonnen Tagesförderung still. In Indiens größter Industrieregion Delhi (National Capital Region), wo das Streikrecht besonders eingeschränkt ist, wurden internationale und nationale Monopole wie Alstom, Ashok Leyland, Bajaj Auto, Blue Star, DHL, Holcim, Hyundai Earth, Movers, Knorr Bremse, Novartis, Sanofi, Siemens, Tenneco, Thermax, Valeo bestreikt.
In verschiedenen Städten kam es zu Demonstrationen und Blockaden unter anderem der Bau- und Transportarbeiter. Streiks des öffentlichen Verkehrs und der Rikschas aber auch von Hafenarbeitern führten zu allgemeinem Verkehrsstillstand. Unter anderem in Kalkutta ging die Politei gewaltsam gegen Frauen und Jugendliche vor und verhaftete Hunderte.
Während in manchen staatlichen Kohle-, Kraft- und Stahlwerken, aber auch bei der Eisenbahn und im öffentlichen Dienst die Festangestellten nicht mitstreikten, wurden neue Teile der Arbeiterklasse wie die Landarbeiter erstmals einbezogen. Die BMS (mit der regierenden Modi-Partei verbundene Gewerkschaft) hatte die ursprüngliche Unterstützung des Aufrufes fünf Tage vor dem Streik zurückgezogen, um der Regierung Zeit zu verschaffen. Verhandlungen des Finanzministers mit den Gewerkschaften waren ebenfalls gescheitert, weil diese sich mit lediglich einzelnen Zugeständnissen beim Mindestlohn nicht zufrieden geben wollen.
Zwei Tage vor dem Streik sah sich Modi angesichts der breiten Proteste gezwungen, die Durchsetzungsanordnung für den Landraub zugunsten der internationalen Monopole – ein Kernstück seines Regierungsprogramms – zurückzunehmen. Eine schwere Schlappe für den “Diktator in Diensten der Großindustrie”, wie er in Indien häufig bezeichnet wird. Neben dem Stolz auf den erfolgreichen Streik betonen die Stellungnahmen von IFTU und NTUI die Entschlossenheit, den Kampf fortzusetzen und die gewerkschaftliche und politische Organisiertheit zu stärken.
Indische Bergarbeiter sind ein Aktivposten bei der Vorbereitung der 2. Internationalen Bergarbeiterkonferenz 2017. Automobilarbeiter aus Indien haben sich bereits zur Teilnahme an der 1. Internationalen Automobilarbeiterkonferenz im Oktober 2015 in Sindelfingen angemeldet. Es ist sehr wichtig, dass sich die Kämpfe auf dem indischen Subkontinent eng mit den Kämpfen des Industrieproletariats auf der ganzen Welt verbinden.