Vor den Wahlen zum Europäischen Parlament: Asylpolitik wichtigstes Thema

Vom 6. bis zum 9. Juni ist Europawahl, in Deutschland wird am 9. Juni gewählt. Rund 350 Millionen Bürger*innen in den 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) sind zur Stimmabgabe bei der zehnten Direktwahl des Europäischen Parlaments aufgerufen, in Deutschland rd. 65 Millionen. Fast alle ...

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Bezahlkarten für Asylsuchende - Nein!

Ohne irgendwelche Beweise vorlegen zu können, wird quer durch alle Parteien behauptet, Asylbewerberinnen bekämen zu viel Geld und könnten davon erhebliche Teile ausgeben, um Schlepper zu bezahlen oder an Angehörige in ihr Heimatland transferieren. Was sagen die Fakten? Die in diesem Zusammenhang maßgebenden Statistiken führt ...

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Wer ist „gut durch den Winter gekommen“?

Bruno Burger, verantwortlich für die Datenbank Energy Charts des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, hat die Zahlen der drei Wintermonate ausgewertet. Sein Fazit: "Wir sind super durch den Winter gekommen. Es gab keine Stromknappheit. Die Abschaltung der Kernkraftwerke hat sich nicht negativ ausgewirkt auf die ...

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Jörg Peter Jatho: Unbekannte Fakten zum Nationalsozialismus an der Universität Gießen

Am 29. Mai 2018 hielt der Autor beim SDS einen Vortrag im Gießener DGB-Haus in der Walltorstraße. Hier kann der Text gelesen werden: Universitätsgeschichte Gießen

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Haushaltsrede der Fraktion GL im Kreistag

Als ich vor 13 Jahren hier im KT begann, belief sich das Defizit im ordentlichen Haushalt (HH) auf über 32 Mio. Euro. Es ging gleich los mit einer AG zur Erarbeitung eines HH-Sicherungskonzepts. Da lernte ich, dass es – auch Herr Ide hat das in ...

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Der Krisenausweg des BSW – oder: die träumerische Erneuerung des Kapitalismus. Die »dümmste Regierung Europas« im Visier

Das »Bündnis Sahra Wagenknecht« (BSW) nimmt mit ihrem ersten Parteitag die Hürden für einen Antritt zu den Europawahlen. Auf der eintägigen Veranstaltung der 450 Gründungsmitglieder wurde zunächst der Parteivorstand gewählt. Den Vorsitz der Partei übernehmen die Namensgeberin und die frühere Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Amira ...

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CDU fordert Verfassungsänderung, um Totalsanktionen möglich zu machen

CDU fordert Verfassungsänderung, um Totalsanktionen möglich zu machen In den öffentlichen Debatten wird immer klarer, dass 100%-Sanktionen im Sozialrecht verfassungsrechtlich nicht zulässig sind. Dies wurde auch von Tacheles in seiner Stellungnahme im Gesetzgebungsverfahren zum Haushaltssicherungsgesetz herausgearbeitet. Nun fordert heute der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Jens Spahn, ...

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Die unendliche Karstadt – Geschichte: auf, auf zur vierten Insolvenz!

Am 08. Januar 2024 war es mal wieder soweit: Der Warenhauskonzern Karstadt Kaufhof Galeria GmbH gab bekannt, dass beim Amtsgericht Essen ein Antrag auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wurde. Das erste Insolvenzverfahren bei Karstadt wurde schon 2009 abgewickelt. Auch im zweiten Insolvenzverfahren 2020 hatte sich ...

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Keine linke Partei: Wagenknechts linkskonservatives Elitenprojekt

44 ausgewählte Vertrauenspersonen aus dem politischen Umfeld von Sahra Wagenknecht haben heute Vormittag in einem Berliner Hotel die Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ (kurz BSW) gegründet. Im Anschluss daran gaben Teile des von der Gründungsversammlung gewählten Parteivorstands sowie die beiden designierten Spitzenkandidaten ...

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Kriminalisierung von Geflüchteten ohne große Proteste beschlossen

gerke

Das Argument, dass das Asylrecht auch eine Konsequenz der NS-Vernichtungspolitik war, verwenden heute nicht einmal mehr die Gegner

Die Zugänge zum Bundestag werden von Tausenden Menschen blockiert, die sich gegen die Verschärfung der Asylgesetzgebung wenden. Auf den Straßen kommen die Bundestagsabgeordneten nicht weiter. Auch Boote haben die Antirassisten gemietet, die mit Protesttransparenten und Lautsprechern ausgestattet sind.

Solche Bilder gab es am 26. Mai 1993 rund um das Bonner Parlament. Antirassisten aus der ganzen Republik konnten nicht verhindern, dass vor mehr 23 Jahren eine ganz große Koalitionaus SPD, FDP und CDU/CSU das Asylrecht massiv verschärfte. Ihre Proteste konnten die Abstimmung allerdings um viele Stunden verzögern. Zudem warendie antirassistischen Gegenaktionen das zentrale Thema in der in- und noch mehr in der ausländischen Presse. Vor allem im Ausland wurden die zentralen Anliegen der Kritiker verstanden.

Während in ost- und westdeutschen Städten ein Bündnis aus Neonazis und Wutbürgern Flüchtlingsheime attackierte, zeigen die Politiker der führenden Parteien, dass sie die Sorgen der deutschen Protestbewegungernst nimmt und ihre Forderungen in moderater Form in Gesetze gießt. Mehr als zwei Jahrzehnte später haben sich die Wutbürger neue Namen geben.Pegida und ihre regionalen Ableger haben sind hier ebenso angetreten wie die lokalen “Nein-zum-Heim”-Initiativen.

Wieder werden von Meißen bis nach Berlin und Lübeck Unterkünfte attackiert, in denen Geflüchtete wohnen sollen. Und wieder zeigen bundesdeutsche Politiker großes Verständnis für das Anliegen der Flüchtlingsgegner und formulieren Gesetze, die ihnen das Gefühl gibt, dass sie gehört werden.

“Nun werden sich die Abschiebeknäste füllen”

Am 2.Juli beschloss der Bundestag nach der zweiten und dritten Lesung das Gesetz zur “Neubestimmung des Bleiberechts und derAufenthaltsbeendigung”. Das Gesetz würde eine massive Ausweitung der Abschiebehaft für Geflüchtete bedeuten. Sie sollmöglich sein, wenn jemand “unter Umgehung einer Grenzkontrolle eingereist ist”, Identitätspapiere wie Ausweise vernichtet oder “eindeutig unstimmige oder falsche Angaben gemacht hat”, wie es im Gesetzentwurf heißt.

Abschiebehaft droht auch Geflüchteten, dievor der Einreise nach Deutschland bereits in einem anderen EU-Land registriert sind, wenn Identitätspapiere fehlen oder die Behörden der Ansicht sind, sie würden über die Identität des Asylsuchendengetäuscht. Zudem droht Abschiebehaft, wenn Geld für Fluchthelfer bezahlt wurde und wenn der Flüchtling “Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität verweigert oder unterlassen hat”. Eine 5-jährige Einreise- und Aufenthaltssperre ist für Flüchtlinge vorgesehen, deren Asylantrag im Schengen-Raum abgelehnt wurde, die “ihrer Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen sind” oder “in das Bundesgebiet eingereist sind, um öffentliche Leistungen zu beziehen”.

Die Formulierungen des Gesetzes machen schon deutlich, dass damit eine Kriminalisierung von Geflüchteten möglich wird. Die Delikte sind so vage formuliert, dass davon sehr viele Menschen betroffen sein können. So soll die Bezahlung von Fluchthelfern zu einer strafbaren Handlung erklärt werden, obwohl das für viele Menschen die einzige Möglichkeit ist, überhaupt nach Europa zu kommen. Statt nun wie von humanitären und zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Pro Asyl seit Langem gefordert, den in vielen Ländern Nordafrikas festsitzenden Flüchtlingen gefahrlose Transfermöglichkeiten zu öffnen, damit sie nicht mehr den gefahrvollen Weg über das Mittelmeer nehmen müssen, sollen sie jetzt dafür kriminalisiert werden.

Ludger Hillebrand vom Jesuitischen Flüchtlingsdienst nannte im Interview mit der Taz die Gesetzesverschärfung ein großes Unrecht an den Geflüchteten. “Ich befürchte, dass wieder Flüchtlinge beim ersten Betreten Deutschlands festgenommen werden”, erklärte er. Er ist überzeugt, dass die die sechs Abschiebegefängnisse, die in den letzten Monaten oft leer standen, wieder gefüllt werden. Das ist sicher ganz im Sinne der Pegidageher und –versteher.

Hillebrand macht auch deutlich, wie die Geflüchteten durch das neue Gesetz systematisch ihrer Rechte beraubt werden. So haben Abschiebegefangene kein Recht auf einen Pflichtverteidiger, für viele ist es schon schwierig, überhaupt an einen Anwalt zu kommen. Das betrifft gerade die Menschen, die oft die deutsche Sprache und natürlich auch ihre Rechte nicht kennen, die also besonders auf Anwälte angewiesen sind.

Wer nicht ertrinkt, wird eingesperrt

Gegen diese systematische Entrechtung einer schon vorher stigmatisierten Menschengruppe regt sich in diesen Tagen in Deutschland kein Massenprotest. Anders als 1993 mussten am 2. Juli 2015 die Politiker keine Blockaden umgehen. Die bundesweiten Proteste eines Bündnisses “Stopp Asylrechtsverschärfung” blieben klein und weitgehend symbolisch, wenn auch medienwirksam. Dazu gehörten Aktionen wie das Einfärben von Brunnen in verschiedenen Städten.

“Wir haben die Farbe Rot gewählt, um an das Blut der Menschen zu erinnern, die an den Außengrenzen der EU ihr Leben verloren haben und die aufgrund von bürokratischen Entscheidungen und unmenschlichen Gesetzen in ihrer Existenz bedroht sind. Das mag vielleicht ein wenig pathetisch sein, aber für eine andere Farbe reichte unsere Fantasie leider nicht aus”, heißt es in einer Erklärung des antirassistischen Bündnisses.

Am Vorabend der Gesetzesverschärfung organisierten die Unterstützer der Geflüchteten vor der Berliner SPD-Zentrale eine Dauermahnwache unter dem Motto “Wir hätten Willy abgeschoben”. Damit zieltensie auf den Namensgeber der Parteizentrale, den langjährigen SPD-Vorsitzenden Willy Brandt. Im Nachhinein haben nun auch die Jusohochschulgruppen Kritik am Verhalten ihrer Mutterpartei geübt. Unter dem Motto “Flucht ist kein Verbrechen” heißt es in der Erklärung:
“Es ist nicht das erste Mal, dass mit der SPD eine Verschärfung des Asylrechts durchgesetzt wird. Mit dem Gesetz, das gestern im Bundestag beschlossen wurde, werden Geflüchtete weiter kriminalisiert: Es ist nun unter anderem möglich, Menschen, die durch Schlepper*innen nach Europa gelangen, zu inhaftieren.”

Sie verweisen auf die persönliche Erklärung des SPD-Bundestagsabgeordneten Karamba Diaby, der die Asylverschärfung ablehnte.

Zeichen einer unsolidarischen Gesellschaft

Dass die Proteste gegen die weitere Entrechtung der Menschen, die schon bisher wenig Rechte haben, ohne Massenproteste vollzogen werden konnten, ist ein guter Seismograph der deutschen Gesellschaft im Sommer 2015. Die Regierung feiert die schwarze Null im Haushalt und mit Wolfgang Schäuble ist ein deutscher Politiker beliebt wie nie, weil er nicht nur im Fall Griechenland, sondern in der Vergangenheit öfter in der Flüchtlingsfrage deutlich gemacht hat, was deutsches Recht und deutsche Ordnung bedeuten.

Das Land, das seine Schulden nie gezahlt hat, spielt sich als Lehrmeister auf, und das liberale Asylrecht in Deutschland, das einmal eine Konsequenz der NS-Vernichtungspolitik war,ist anders als 1993 heute sogar in den Argumenten der Antirassisten nicht mehr präsent.

Peter Nowak, 04.07.15, telepolis