9. April 1945 - Georg Elser: Allein gegen Hitle

Vor 80 Jahren – am 9. April 1945 – wurde der Schreinergeselle Georg Elser im KZ Dachau ermordet. Mit einer selbstgebastelten Bombe hatte er ein Attentat auf Hitler geplant, während dieser im Münchner Bürgerbräukeller eine Rede hielt. Doch der „Führer“ verließ vorzeitig den Saal und ...

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PRO ASYL: Bahnbrechendes Urteil aus Griechenland – Ende des EU-Türkei-Deals?

Der Oberste Gerichtshof Griechenlands hat in einem wegweisenden Urteil verkündet: Die Türkei ist kein “sicherer Drittstaat” für Flüchtlinge. Das hat Signalwirkung für ganz Europa, bedeutet vermutlich gar das Ende des EU-Türkei-Deals. Auch bei den deutschen Koalitionsverhandlungen sollte das Urteil beachtet werden.  Griechenlands oberstes Verwaltungsgericht hat am ...

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Freigabe der A49 - Mit Vollgas in die Klimahölle

Aktion am Danni: Mit Vollgas in die Klimahölle Anlässlich der geplanten Freigabe der umstrittenen A49 am Freitag den 21. März, haben Aktivist*innen eine deutliche Botschaft an einer Autobahnbrücke im Dannenröder Wald hinterlassen: „Mit Vollgas in die Klimahölle“, „Danni lebt!“. Im Zuge der Feierlichkeiten im Rahmen der Einweihung ...

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Das Comeback der Linkspartei

Während die Linkspartei noch in der zweiten Januarhälfte bei Umfragen zwischen 3% und 4% lag, erreichte sie im Endergebnis der Bundestagswahl 8,8% – ein Aufstieg wie Phönix aus der Asche. Denn der lange infrage stehende Wiedereinzug mit 64 Abgeordneten in den Bundestag ist erfolgreich erkämpft worden, ...

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370 Superreiche warnen: Zu viel Geld gefährdet Demokratie

Dramatischer Appell an die Politik. Superreiche fordern höhere Steuern – für sich selbst. Zu diesem Schritt bewogen hat sie eine einfache Erkenntnis. Vor wenigen Tagen veröffentlichte die Hilfsorganisation Oxfam ihren neuen Ungleichheitsbericht [1]. Das Vermögen eines Milliardärs vergrößerte sich im vergangenen Jahr im Schnitt um zwei ...

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Wohnfläche

Zu viel und zu wenig. Umverteilung im Bestand ist nötig. Der Wohnraum, der Haushalten zur Verfügung steht, gilt als wichtiges Maß zur Beurteilung der Wohnverhältnisse und hat sich im letzten Jahrhundert als Indikator für den gesellschaftlichen Wohlstand etabliert. Die Frage nach der ausreichenden Größe der Wohnungen ...

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Bezahlkarte für Geflüchtete: »Wir können gern eine für Politiker einführen«

HeHessen: Bündnis hilft Geflüchteten, trotz Bezahlkarte an Bargeld zu kommen. Ein Gespräch mit Desiree Becker Interview: Gitta Düperthalssen: Bündnis hilft Geflüchteten, trotz Bezahlkarte an Bargeld zu kommen. Ein Gespräch mit Desiree Becker Interview: Gitta Düperthal Auch das von CDU und SPD regierte Bundesland Hessen führt aktuell ...

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Zwei Koalitionsverträge mit dem BSW: »Es ist die Brombeerzeit, die dunkle«

Was war das für ein Anfang. Zuerst wurde eine Partei gespalten, dann eine neue gegründet und die trug fortan den Namen ihrer Vorsitzenden. Ihr Bildnis strahlte den Wählenden in Thüringen ebenso wie zeitgleich in Brandenburg und Sachsen auf tausenden Plakaten entgegen; andere Köpfe dieser Partei ...

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Warnstreiks bei VW: »Einer der härtesten Konflikte, die Volkswagen je gesehen hat«

Die Gewerkschaft IG Metall und der Betriebsrat haben beim Automobil-Konzern VW zu Warnstreiks aufgerufen, um so den Druck in der aktuellen Tarifrunde zu erhöhen. Die war am Donnerstag ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Bereits in der Nacht zum Sonntag hatten rund 300 Volkswagen-Beschäftigte und Metaller ...

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Nach der Trump-Wahl: Auf ultrarechtem Kurs

Die künftige US-Regierung schwenkt mit mehreren designierten Ministern auf einen ultrarechten, hart antichinesischen Kurs ein – in einer Zeit, in der Deutschland in wachsende Abhängigkeit von den USA geraten ist. 15 Nov 2024 WASHINGTON/BERLIN (Eigener Bericht) – Die künftige Regierung der USA, des wichtigsten NATO-Verbündeten der Bundesrepublik, wird neben ...

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Leithammel sucht Leitkultur

Kultur bedeutet immer Verzicht und Ausschluss – der Bundesinnenminister ruft dazu auf, das »vorzuleben«

Kein schöner Land in dieser Zeit, als hier das unsre weit und breit, wo wir uns finden wohl unter Linden zur Abendzeit. Anton Wilhelm von Zuccalmaglio (1838)

Von Kultur ist immerfort die Rede, von Anerkennungs-, Erinnerungs-, Unternehmens-, Willkommens- und Wohlfühlkultur. Berufspolitiker und Kulturbeauftragte, Festredner und ihr Publikum fühlen sich gehoben, wenn das Tagesgeschäft mit dem K-Wort verbrämt wird. Da aber ein jeder nach dem schreit, was er nicht hat, können wir dem inflationären Gerede entnehmen, dass es den Kulturpropagandisten an Kultur gebricht.

Jede Realpolitik muss legitimiert, also propagandistisch abgesichert werden. Was Frontex für die Sicherung der »Außengrenzen« der EU leistet, das leistet die »Leitkultur« im Bereich der Massenpsychologie. Sie puscht den (stets prekären) kollektiven Narzissmus durch Nachrüstung der altbewährten Mauern zwischen dem Klub der Alteingesessenen, Zugehörigen und den Fremden und Zugereisten, die ihm nicht beitreten dürfen. Der frühere Fraktionsvorsitzende von CDU/CSU (und heutige Manager) Friedrich Merz postulierte im Jahr 2000 – im Zusammenhang mit der Revision des Staatsbürgerschaftsrechts – eine »deutsche Leitkultur« zwecks Abgrenzung von muslimischen Zuwanderern. Jetzt hat der CDU-Innenminister Thomas de Maizière in Bild diesen ethnozentrischen Kampfbegriff abermals ins Spiel gebracht. Es geht ihm vor allem darum, im Vorwahlkampf potentielle Wähler der AfD für die CDU/CSU zurückzugewinnen.1

»Kultur« ist, folgen wir Sigmund Freud, einem ihrer materialistischen Kritiker, die Gesamtheit der Techniken, Deutungen und Institutionen, die der Verteidigung der Menschen gegen die äußere und ihre eigene Natur – also zur Distanzierung von Natur – dienen.2 Zu diesem Arsenal gehören Herrschafts- und Trostmittel (wie die Kulturideale, die in Religion und Kunst formuliert und gestaltet werden). Die uns bekannten Kulturen waren – wie die gegenwärtigen – Kulturen des Verzichts, der Ungleichheit und der Exklusion; sie waren (und sind) so repressiv wie provinziell. Als »Kulturideale« werden Verzichtleistungen prämiert, die privilegierte Minderheiten den von ihnen beherrschten Mehrheiten auferlegen. Der Kult solcher Ideale (oder »Werte«) stiftet eine illusionäre Gemeinschaft zwischen Herrschenden und Beherrschten, die zumeist stark genug ist, um den Kampf gegen soziale Ungleichheit hintanzuhalten und die Aggressionen der Mehrheit gegen Nichtzugehörige zu richten: Ketzer im Inneren und feindliche Kollektive jenseits der Grenzen. Eine »Kultur«, die diesen Namen verdiente, gibt es noch nicht; sie muss erst noch erkämpft werden. Sie wäre eine, die zur »Leitung« von Menschen nicht taugt, nämlich eine, die »keinen mehr erdrückt«.3

De Maizières Thesen zu einer deutschen Leitkultur sind ein Hohelied auf den Ethnozentrismus.4 Die Gemeinschaft der Zugehörigen (oder Staatsbürger), die »Teil des Landes« seien, und ihr »Zusammenhalt« werden beschworen. Sie müssen zusammenhalten gegen diejenigen, die die Leitkultur der Zugehörigen nicht »kennen, vielleicht nicht kennen wollen oder gar ablehnen«, die also jenseits der Leitplanke leben und »denen die Integration wohl kaum gelingen« wird. Von der »Leitkultur« (oder dem »Kulturkreis«) der Deutschen heißt es zum einen, das sei dasjenige, »was uns ausmacht und was uns von anderen unterscheidet«, ja sogar das, »was uns im Innersten zusammenhält«. Das wäre also der gemeinsame Nenner aller Deutschen oder so etwas wie ihr ›Wesen‹. Zum andern aber ist die Leitkultur eine (ungeschriebene) »Richtschnur des Zusammenlebens« (also ein Postulat).

Die Leitkultur setzt sich, wie der Innenminister glaubt, aus verschiedenen, höchst ungleichartigen Komponenten zusammen. Das sind für ihn zunächst die gemeinsame Sprache und das (vielfach revidierte) 1949er Grundgesetz mit dem »Würde«-Artikel und den anderen Grundrechten. Sodann handelt es sich um »hier erprobte und weiterzugebende (soziale) Lebensgewohnheiten«, »die Ausdruck einer bestimmten Haltung sind«. Diese Haltung offenbart sich in de Maizières forschen Thesen: »Wir sind nicht Burka«; »Wir fordern Leistung« (»Der Leistungsgedanke hat unser Land stark gemacht«); »Wir sind Kulturnation« (denn Bach und Goethe »waren Deutsche«); »In unserm Land ist Religion Kitt und nicht Keil der Gesellschaft« …

Stolz und Stärke sind Prämien, die denen winken, die die Leitkultur »vorleben«: »Wer sich seiner Leitkultur sicher ist, ist stark. Stärke und innere Sicherheit führen zu Toleranz gegenüber anderen.« Dass dem nicht so ist, lehrt aber (unter anderem) die deutsche Geschichte des letzten Jahrhunderts. Von dieser Geschichte sagt de Maizière euphemistisch, sie habe im »Ringen um die deutsche Einheit in Freiheit und Frieden mit unseren Nachbarn« bestanden, und in bezug auf diese Geschichte gehe es jetzt um »das Ringen um Freiheit und das Bekenntnis zu den tiefsten Tiefen unserer Geschichte«. Ja, zu den tiefsten Tiefen soll’n die Deutschen sich »bekennen«, nicht etwa sie gut kennen und dem Sog solcher Tiefe künftig widerstehen lernen. »All das ist vorbei, vor allem in der jüngeren Generation«, blökt der Leithammel. Dies Nichtverständnis fortwirkender Geschichte in der Gegenwart erklärt auch de Maizières Vertrauen zu den »erprobten Lebensgewohnheiten« und »Haltungen« der vielen Deutschen, die Bach und Goethe nur dem Namen nach kennen (»Wir sind Kulturnation!«), oder jenes Fünftels von ihnen, dessen antisemitisch-xenophobe und autoritäre Attitüden in jeder einschlägigen empirischen Studie seit 1950 nachgewiesen worden sind.

Sowenig wie die Gesellschaft ist die Kultur, ihr Spiegel, ein harmonisches Ganzes. Beide präsentieren sich als Bündel von Widersprüchen. Ist die Gesellschaft geprägt vom unaufhörlichen Ringen um Zeit (oder, was dasselbe ist, um das Mehrprodukt), so ist die Kultur die Sphäre, in der diese Wirklichkeit mit aus ihr (und gegen sie) entwickelten Antizipationen eines anderen oder »richtigeren« Lebens konfrontiert wird. Von deutscher Kultur als von einer »Leitkultur« reden kann man nur, wenn man unterschlägt, dass diese Kultur nicht nur Bach und Goethe, sondern eben auch die braune Pest aus sich hervorgebracht hat.

1 Thomas de Maizière: » ›Wir sind nicht Burka‹. ­Leitkultur für Deutschland, was ist das eigentlich?« Bild, 29. 4. 2017.

2 Sigmund Freud (1927): Die Zukunft einer Illusion. Gesammelte Werke Bd. XIV. Frankfurt a. M. 1963, S. 323–380.

3 Freud, a. a. O. (Anm. 2), S. 374.

4 In dem Text ist 55mal von »wir« und öfter noch von »uns« die Rede.

Helmut Dahmer, jw, 13.05.17