»Mélenchon spielt mit dem Feuer«
Kommunisten fordern bei den Stichwahlen eindeutige Mobilisierung gegen Marine Le Pen
Unter den links eingestellten Franzosen stößt es auf scharfe Kritik: Jean-Luc Mélenchon wollte am Sonntagabend nach Bekanntgabe von Macron und Le Pen als Sieger der ersten Runde der Präsidentschaftswahl für seine Anhänger keine Wahlempfehlung für die Stichwahl am 7. Mai geben. Und er tut dies bis jetzt nicht, wie sein Wahlkampfchef Manuel Bompard am Mittwoch auf einer Pressekonferenz sagte. Erst will Mélenchon für seine erst gegen Ende der Woche erwartete Wahlempfehlung die Meinung der 450 000 Franzosen einholen, die seine Kandidatur initiiert haben.
Die rechtsradikale Präsidentschaftskandidatin hofft sogar, einen Teil der Mélenchon-Wähler, vor allem Arbeiter und Erwerbslose, zu sich herüberzuziehen. So ließ sie extra Flyer drucken, die sich eigens an diese Kreise wenden. In ihnen wird herausgestellt, dass von den Interessen der sozial schwächsten Franzosen nicht wenige mit Vorhaben im Le Pen-Wahlprogramm übereinstimmen. Umfragen zufolge tragen sich zwölf Prozent der Mélenchon-Wähler tatsächlich mit der Absicht, für die Kandidatin der Front National zu stimmen. »In dieser Situation weiterhin die Sphinx zu spielen, ist unverantwortlich«, meint ein Kommentator. »Mélenchon spielt mit dem Feuer.«
Dieser Überzeugung ist auch der Nationalsekretär der Kommunistischen Partei, Pierre Laurent. Am Dienstag beraumte er in aller Eile eine Pressekonferenz an und erklärte, er könne »dieses Schweigen nicht verstehen«. Weiter schätzte er ein: »Dass bei der Stichwahl nur zu wählen bleibt zwischen der Kandidatin der extremen Rechten Marine Le Pen und dem von den Finanzkreisen ins Rennen geschickten liberalen Emmanuel Macron, lässt für unser Land große Gefahren vorhersehen.«
Die Kommunistische Partei rufe auf, mit dem Wahlzettel am 7. Mai so massiv wie möglich Marine Le Pen zu schlagen. »Wenn wir ihr den Weg zur Macht versperren, verschließen wir nicht die Augen vor den Folgen«, betonte Laurent. Ein Votum für Macron bedeute keineswegs eine Zustimmung zu seinem Programm. »Vom nächsten Tag an organisieren wir den entschlossenen Abwehrkampf gegen die liberale Politik von Emmanuel Macron, so wie wir uns auch schon gegen ihn als Wirtschaftsminister und dann als Parlamentskandidat gestellt haben, auf der Straße, im Parlament und im ersten Wahlgang.«
Eine Schlüsselrolle komme dabei, so Laurent weiter, der Parlamentswahl am 11. und 18. Juni zu. »Dabei gilt es, den Erfolg von Jean-Luc Mélenchon umzumünzen in eine umfangreichere Vertretung der Kräfte der neuen Linken im Parlament.« Die Chancen dafür stünden gut, denn in 212 von 577 Wahlkreisen erzielten Mélenchon, der Sozialdemokrat Benoît Hamon und die zwei Kandidaten der radikalen Linken zusammen mehr Stimmen als Macron, Le Pen und Fillon zusammengenommen. »Gemeinsam können wir diese Wahlbezirke für uns erringen, und darüber hinaus noch weitere«, mahnte Pierre Laurent. Mélenchon und seine Bewegung sowie weitere Kräfte der Linken rief er auf, in den nächsten Tagen zu Beratungen über das abgestimmte Auftreten zur Parlamentswahl zusammenzukommen. »Gemeinsam können wir erfolgreich sein, aber die Zeit drängt.«