Varoufakis, Lafontaine: Ungehorsam gegen Krisenpolitik

Europäische Linken-Politiker schlagen »Gipfel für einen Plan B für Europa« vor / Alternativen zu einem Euro »einer kleinen europäischen Elite«
»Dieses Europa schafft Verletzungen, sowohl innerhalb der Länder, als auch zwischen ihnen: Massenarbeitslosigkeit, scharfes Sozialdumping und Beleidigungen gegen die europäische Peripherie«, heißt es in dem Papier. Gegen die SYRIZA-geführte Regierung in Athen habe es einen »Finanz-Staatsstreich« gegeben, aus dem man Lehren ziehen müsse.
»Die demokratisch gewählte griechische Regierung von Alexis Tsipras« sei »durch die Europäische Union in die Knie gezwungen« worden – in einer neoliberalen Adaption der Doktrin der »beschränkten Souveränität«, erfunden von Breschnew in 1968. »Damals haben die Sowjets den Prager Frühling mit ihren Panzern niedergeschlagen. Diesen Sommer hat die EU den Athener Frühling mit ihren Banken zerschlagen«, so die Linken-Politiker. »Es ist eine gefährliche Lüge, zu behaupten, dass der Euro und die EU den Europäerinnen und Europäern dienen und sie von Krisen abschirmen würden. Es ist eine Illusion zu glauben, dass Europas Interessen im eisernen Käfig aus den Regeln der Eurozone und den europäischen Verträgen geschützt werden könnten.«
Man sei entschlossen mit diesem »Europa« zu brechen, heißt es in dem Appell weiter. »Wie können wir eine Politik umsetzen, die gute Arbeitsplätze vor allem für junge Menschen schafft, die Wohlstand umverteilt, eine ökologische Wende herbeiführt und die Demokratie wieder herstellt, in den Beschränkungen dieser EU? Wir müssen dem Irrsinn und der Unmenschlichkeit der aktuellen europäischen Verträge entkommen und sie von Grund erneuern, um die Zwangsjacke des Neoliberalismus abzustreifen, den Fiskalpakt aufzuheben und TTIP zu verhindern.«
Die Autoren warnen allerdings auch vor einem Plan A der Mehrheit der Regierungen, »die die europäische Oligarchie repräsentieren und sich hinter Berlin und Frankfurt verstecken«: Statt der Forderung nach Demokratie nachzugeben, würden sie den Widerstand gegen die neoliberale Politik brechen – wie in Griechenland geschehen. »Warum haben sie es geschafft, einer demokratisch gewählten Regierung die Luft abzuschneiden? Weil sie auch einen Plan B hatten: Griechenland im schlechtesten möglichen Zustand aus der Eurozone zu werfen«, so das Papier.
»Angesichts dieser Erpressung benötigen wir unseren eigenen Plan B als Abschreckung gegen den Plan B, den Europas reaktionärste und anti-demokratische Kräfte verfolgen«, heißt es darin weiter. Diese Plan B solle »zur Stärkung unserer Position« dienen und »dem einfachen Prinzip neue Geltung« verschaffen, »dass Europa den Interessen der Europäerinnen und Europäern dienen muss und dass Währungen Werkzeuge sind, um den gemeinsamen Wohlstand zu mehren, nicht Folterinstrumente oder Waffen zur Abschaffung der Demokratie«. Wenn der Euro nicht demokratisiert werden könne, werde man einen alternativen »Weg finden, um sicherzustellen, dass die Europäerinnen und Europäer ein Geldsystem haben, das für sie arbeitet, nicht gegen sie«.
In dem Papier werden dazu verschiedene Überlegungen angesprochen, die bereits in der Debatte sind: »Die Einführung eines parallelen Zahlungssystems, Parallelwährungen, digitalisierte Eurotransaktionen, ein Austritt aus der Eurozone sowie die Umwandlung des Euro in eine (demokratische) Gemeinschaftswährung«. Während Lafontaine sich in der Vergangenheit bereits mehrfach für die Rückkehr zu einem parallelen Währungssystem ausgesprochen hatte, plädierte Varoufakis bisher eindringlich für eine Reform der bestehenden Institutionen und eine Demokratisierung des Euro, er wandte sich auch gegen die politischen Grexit-Überlegungen der SYRIZA-Abspaltung »Volkseinheit«. In der französischen Linken wiederum wird über einen Ausstieg aus der EU debattiert.